Worum geht es?

Verbraucherdarlehensverträge haben eine Widerrufsfrist. Denn der Verbraucher soll auch nach Abschluss des Vertrages die Gelegenheit haben, seine Entscheidung zu überdenken und den Vertrag widerrufen zu können. Diese Frist beginnt grundsätzlich erst dann zu laufen, wenn der Verbraucher ordnungsgemäß über sein Widerrufsrecht belehrt wurde. Geschieht dies nicht, hat der Verbraucher einen sog. „Widerrufsjoker“, er kann den Darlehensvertrag so lange widerrufen, bis er ordnungsgemäß über sein Widerrufsrecht belehrt wurde.

Was bringt es, den Darlehensvertrag zu widerrufen?

Ältere Darlehensverträge sind häufig noch zu sehr hohen Zinsen abgeschlossen worden. Hat der Darlehensnehmer eine günstigere Finanzierungsalternative mit niedrigeren Zinsen gefunden, kann er sich durch den Widerruf von den alten ungünstigen Bedingungen lösen. Damit kann der Verbraucher im Idealfall viel Geld sparen bzw. zurückerhalten.

Was hat der EuGH heute entschieden?

Der EuGH hat heute in der Rechtssache JC / Kreissparkasse Saarlouis (C-66/19) entschieden, dass eine Widerrufsinformation in einem Immobiliendarlehensvertrag unwirksam ist. Denn in diesem Vertrag wurde für den Beginn der Widerrufsfrist auf § 492 Abs. 2 BGB verwiesen. Danach soll die Frist erst zu laufen beginnen, wenn der Vertrag alle Angaben enthält, welche eine weitere Vorschrift vorsieht. Eine solche „Kaskadenverweisung“ sei unwirksam, so der EuGH, weil sie nicht „klar und verständlich ist". Denn dem Verbraucher könne es nicht zugemutet werden, auf dieser Grundlage nachzuprüfen, ob der Vertrag alle notwendigen Angaben enthält und erst recht nicht, ob die Widerrufsfrist bereits zu laufen begonnen hat. Die unwirksame Belehrung über das Widerrufsrecht hat zur Folge, dass die Widerrufsfrist noch nicht zu laufen begonnen hat und der Verbraucher seinen „Widerrufsjoker“ folglich noch ziehen kann. Er kann den Vertrag also immer noch widerrufen.

Für welche Verträge gilt dies?

Dies gilt für alle Verbraucherdarlehensverträge, in welchen in dieser Weise für den Beginn der Widerrufsfrist auf § 492 Abs. 2 BGB verwiesen wird. Bei Immobiliendarlehensverträgen gilt dies allerdings nur für solche, die zwischen dem 10.06.2010 und dem 20.03.2016 abgeschlossen wurden.

Wird sich die deutsche Rechtsprechung dem anschließen?

Der Bundesgerichtshof hat zuletzt eher bankenfreundlich entschieden und auch zweifelhafte Widerrufsbelehrungen im Sinne der Banken und Sparkassen für wirksam gehalten. Es ist aber abzusehen, dass der BGH auf die Linie des EuGH umschwenken wird. Das hat er zuletzt immer getan (so z. B. bei den Ein- und Ausbaufällen im Kaufrecht sowie bei der Beweislastumkehr bei Verbrauchsgüterkäufen).

Was können Verbraucher tun, die Ihre Darlehensverträge widerrufen möchten?

Verbraucher sollten zunächst prüfen, ob in ihrem Darlehensvertrag für den Beginn der Widerrufsfrist auch pauschal auf § 492 Abs. 2 BGB verwiesen wird. Dann besteht eine gute Chance, den Vertrag widerrufen zu können. Auch können Verbraucher versuchen, mit Blick auf die aktuelle Rechtsprechung bei ihrer Bank günstigere Bedingungen zu verhandeln.

Wir helfen Ihnen gern dabei, zu überprüfen, ob ein Widerruf eines Darlehensvertrages auch für Sie in Betracht kommt. Sprechen Sie uns gern an!