Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz hat am 20.04.2020 die Neufassung seines Referentenentwurfes für ein Unternehmensstrafrecht, das nun so bezeichnete „Gesetz zur Stärkung der Integrität der Wirtschaft“ vorgestellt. Verbände und Länder können hierzu bis zum 12.06.2020 Stellung nehmen. Das Gesetz soll noch in dieser Legislaturperiode in Kraft treten.

Todesstrafe für Unternehmen entfällt

Wesentlichste Neuerung ist der Wegfall der Verbandsauflösung als mögliche Sanktionsform, die sog. „Todesstrafe für Unternehmen“. Im Übrigen bleibt es bei den bereits vorgestellten Sanktionsrahmen. Große Wirtschaftsunternehmen mit mehr als 100 Mio. € Umsatz müssen bei Vorsatztaten damit mit Sanktionen von bis zu 10 % ihres Jahresumsatzes rechnen.

Interne Ermittlungen

Kernbestandteil des Entwurfs sind auch weiterhin die sog. „Internen Ermittlungen“ (auch Internal Investigations). Diese soll das Unternehmen in enger Abstimmung mit den Strafverfolgungsbehörden durchführen, wenn es zu strafrechtlich relevanten Rechtsverstößen gekommen ist. Der Entwurf hält weiter an der Trennung von Unternehmensverteidigung und internen Ermittlungen fest, damit die Strafverfolgungsbehörden die Unterlagen aus den internen Ermittlungen beschlagnahmen können. Hierfür hatte der vorherige Entwurf einige wenige Argumente vorgebracht, die sachlich falsch waren und viel berechtigte Kritik erfahren haben. Überraschenderweise hat die Neufassung auch an dieser Stelle nicht nachgebessert.

Anreize für die Schaffung von Compliance

Ein wesentliches Anliegen des Referentenentwurfes ist es, Anreize für die Schaffung von angemessenen Compliance-Maßnahmen zu setzen. Bereits bei der Begründung der Verantwortlichkeit in § 3 Abs. 1 Nr. 2 VerSanG-E wird daran angeknüpft, ob die Leitungspersonen des Verbandes die Straftat durch angemessene Vorkehrungen zur Vermeidung von Verbandstaten wie insbesondere Organisation, Auswahl, Anleitung und Aufsicht hätten verhindern oder wesentlich erschweren können. Sodann lassen solche angemessenen Compliance-Maßnahmen es zu, dass das Unternehmen nicht bestraft, sondern lediglich verwarnt wird. Sollten solche Compliance-Maßnahmen nicht bestehen, kann das Gericht die Weisung erteilen, solche einzurichten. Auch bei der Strafzumessung wird berücksichtigt, ob das Unternehmen nach der Tat angemessene Compliance-Maßnahmen zur Vermeidung und Aufdeckung von Straftaten getroffen hat. Und schließlich kann von der Verfolgung der Tat abgesehen werden, wenn der Verband angemessene Vorkehrung zur Vermeidung von Verbandstaten getroffen hat.

Die klare Botschaft des Entwurfes ist daher: Je eher geeignete Compliance-Maßnahmen getroffen werden, desto besser.

Was folgt daraus für Unternehmen?

Es ist davon auszugehen, dass der Entwurf noch in dieser Legislaturperiode verabschiedet wird. Unternehmen sollten daher frühzeitig damit beginnen, solche angemessenen Compliance-Maßnahmen einzurichten. Das gilt gerade jetzt in der Krise, welche naturgemäß ein fruchtbarer Boden für Rechtsverstöße ist.

Was sind angemessene Compliance-Maßnahmen?

Der Entwurf stellt u. a. bei der Strafzumessung in § 15 Abs. 3 Nr. 7 VerSanG-E auf „Vorkehrungen zur Vermeidung und Aufdeckung von Verbandstaten“ ab. Hierfür kommen insbesondere Hinweisgebersysteme in Betracht. Deren Effizienz bei der Vermeidung und Aufdeckung von Verbandstaten ist allgemein anerkannt – und muss auch nicht teuer sein. Auch der Entwurf hebt auf S. 79 hervor, dass bei kleinen und mittleren Unternehmen „auch wenige einfache Maßnahmen ausreichen können.“ Auf eine Whistleblowerhotline, zu deren Einrichtung viele Unternehmen im Zuge der Umsetzung der EU-Whistleblowerrichtlinie 2019/1937 ohnehin bald verpflichtet sein werden, trifft dies zweifellos zu.

Für angemessenen D&O- und Strafrechtsschutz sorgen!

Neben der Einrichtung von angemessenen Compliance-Maßnahmen sollten die Unternehmen auch prüfen, ob sie ausreichenden Versicherungsschutz haben, wenn Vorwürfe gegen sie und gegen ihr Leitungspersonal vorgebracht werden. Hierzu gehört in jedem Fall eine D&O-Versicherung, da viele strafrechtliche Vorwürfe auch zivilrechtliche Schadensersatzforderungen zur Folge haben können. Im Hinblick auf die anstehenden Neuerungen ist angemessener Strafrechtsschutz erst recht unabdingbar. Auch die Zeichnung einer sog. Compliance-Versicherung, welche demnächst eingeführt soll und welche insbesondere die erheblichen Kosten aus internen Ermittlungen abdeckt, sollten Unternehmen in Betracht ziehen.

Bei der Auswahl und Umsetzung von angemessenen, effektiven und kostengünstigen Compliance-Maßnahmen sind wir Ihnen ebenso gern behilflich wie bei der Auswahl geeigneter Versicherungsbausteine. Sprechen Sie uns gern an!

Ihr Rechtsanwalt Dr. Johannes Dilling